„Hauptsache, das Baby ist gesund“ – und warum das nicht genug ist
- Anna Witzler
- 12. Aug.
- 2 Min. Lesezeit
„Hauptsache, das Baby ist gesund.“
Diesen Satz

hört fast jede Frau nach einer Geburt, die anders verlief als erhofft – besonders nach einem Kaiserschnitt. Und ja – die Gesundheit des Babys ist kostbar, unbezahlbar, das größte Geschenk. Aber was, wenn dieser Satz gleichzeitig all das unsichtbar macht, was in der Mutter passiert ist?
All den Schmerz.
All die Enttäuschung.
All die Fragen, die bleiben.
Warum dieser Satz so tief trifft
Für viele Frauen ist die Geburt nicht nur der Start ins Leben eines Kindes, sondern auch eine tiefe körperliche und seelische Erfahrung. Wenn diese Erfahrung von Angst, Ohnmacht, Überforderung oder plötzlichen medizinischen Eingriffen geprägt ist, hinterlässt sie Spuren – manchmal tiefer als die sichtbare Narbe.
Der Satz „Hauptsache, das Baby ist gesund“ kann dann wie ein Pflaster auf einer offenen Wunde wirken: Er verdeckt, statt zu heilen.
Die Stimmen der Frauen
In den letzten Tagen, Wochen und Monaten haben viele Frauen ihre Geschichte mit mir geteilt. Manche sprechen voller Dankbarkeit über ihre Narbe – als Zeichen ihrer Stärke und des Lebens, das sie geschenkt hat. Andere erzählen von Schmerzen, Taubheitsgefühlen oder emotionalen Triggern, die auch Jahre später noch da sind.
Einige sagen: „Ich komme gar nicht klar mit meiner Narbe – ich wollte sie nie.“
Andere: „Ich würde mich jederzeit wieder so entscheiden, aber der Schmerz, dass es anders kam, bleibt.“
Diese Vielfalt zeigt:
Geburtserfahrungen sind niemals schwarz-weiß.
Man kann gleichzeitig dankbar und traurig sein.
Man kann Frieden finden – oder noch auf dem Weg dorthin sein.
Dankbarkeit ersetzt keine Verarbeitung
Natürlich sind wir froh, dass medizinische Eingriffe Leben retten können. Aber das bedeutet nicht, dass die Gefühle der Mutter weniger wert sind.
Eine Frau, die ihre Geburt aufarbeitet, ist nicht „undankbar“ – sie ist mutig. Denn sie schaut dorthin, wo es weh tut, um zu verstehen, zu heilen und wieder zu vertrauen.
Es ist kein Luxus, sondern Selbstfürsorge.
Warum Heilung so wichtig ist – für Mutter und Kind
Unverarbeitete Geburtserlebnisse wirken oft unbewusst weiter: in der Bindung zum Baby, in der Selbstwahrnehmung, in der nächsten Schwangerschaft.
Heilung bedeutet nicht, dass man die Narbe liebt oder die Geburt schönreden muss.
Es bedeutet, die eigene Geschichte in Besitz zu nehmen, Frieden zu schließen und wieder in die eigene Kraft zu kommen.
Und das wirkt nicht nur auf die Mutter, sondern auch auf das Kind – und auf jede weitere Geburt.
Was Frauen brauchen – statt „Hauptsache, das Baby ist gesund“
🔹 Raum für ihre Geschichte – ohne Bewertung.
🔹 Anerkennung ihrer Gefühle – ohne sie kleinzureden.
🔹 Wissen und Begleitung, um zu verstehen, was passiert ist.
🔹 Praktische und emotionale Unterstützung, um Vertrauen in den Körper zurückzugewinnen.
Ein neuer Satz zum Schluss
Ja, es ist ein Geschenk, wenn das Baby gesund ist. Aber es ist auch wichtig, dass die Mutter gesund ist – körperlich, emotional und seelisch.
Vielleicht sollten wir anfangen, etwas anderes zu sagen:
„Ich freue mich, dass dein Baby gesund ist. Und wie geht es dir?“
💛 An alle Mamas, die ihre Geburt noch in sich tragen:
Du bist nicht allein.
Dein Gefühl ist wichtig.
Deine Geschichte zählt.
Danke, dass du deine Geschichte mit mir geteilt hast.
Danke, dass du meine Gedanken dazu liest.
Alles Liebe
Anna Salomé
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