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Geburtsstillstand und das autonome Nervensystem


Was ist ein Geburtsstillstand?

Ein sogenannter Geburtsstillstand (auch „Geburtsstillstand in der Eröffnungsphase“ oder „in der Austreibungsphase“) wird medizinisch definiert als ein Stillstand der Zervixdilatation über einen Zeitraum von 4 Stunden oder mehr trotz regelmäßiger Wehentätigkeit (laut ACOG, 2014; WHO, 2018).

In der aktiven Phase wird erwartet, dass der Muttermund mit mindestens 1 cm pro Stunde fortschreitet.

Quelle:ACOG Practice Bulletin No. 205 (2019): Vaginal Birth After Cesarean DeliveryWHO (2018): Intrapartum care for a positive childbirth experience


Welche Rolle spielt das autonome Nervensystem?

Die Geburt ist ein neurohormoneller Prozess, stark beeinflusst vom autonomen Nervensystem – konkret von:


  • Sympathikus („Fight or Flight“ – Stress, Alarm)

  • Parasympathikus („Rest & Digest“ – Ruhe, Sicherheit, Entspannung)


Sobald der Sympathikus überwiegt, wird die Ausschüttung von Oxytocin gehemmt – jenem Hormon, das für regelmäßige, effektive Wehen verantwortlich ist. Gleichzeitig steigen Cortisol und Adrenalin, was den Körper in Alarmbereitschaft versetzt. Die Gebärmutter wird in ihrer Aktivität gehemmt, um „Flucht“ zu ermöglichen – selbst wenn dies evolutionär im heutigen Kreißsaal absurd scheint.

Quelle:Buckley, S. (2015): Hormonal Physiology of ChildbearingUvnäs Moberg, K. (2003): The Oxytocin Factor

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Warum geschieht das auch im modernen Klinikalltag?

Geburtshilfe ist heute geprägt von Überwachung und Standardisierung: CTG, vaginale Untersuchungen, Zeitlimits. Diese Eingriffe aktivieren unbewusst das Stresssystem – auch wenn keine Gefahr besteht.


Michel Odent, französischer Geburtshelfer und Oxytocin-Forscher, beschreibt diesen Zustand so:

„Ein Gebärzimmer sollte mehr einem Liebeszimmer gleichen als einem Operationssaal.“— Michel Odent

Denn wie beim Sex oder Stillen – beides oxytocin-gesteuerte Prozesse – sind Ruhe, Rückzug und Intimität entscheidend.

Fehlen diese, reagiert der Körper mit einem natürlichen Stoppsignal: dem Stillstand.

Quelle: Odent, M. (2007): The Functions of the OrgasmsSmith, C.A. et al. (2020): Relaxation techniques for pain management in labour (Cochrane Database)


Meine Erfahrungen und Erkenntnisse

Ich erinnere mich an ein Interview mit einer Frau, die ursprünglich zu Hause gebären wollte. Als sie dann doch in die Klinik verlegt wurde, hörten die Wehen komplett auf. Was folgte, war die klassische medizinische Spirale: Wehentropf, Wehensturm, PDA, CTG, erneuter Stillstand – Kaiserschnitt.


In meinen Coachings erkläre ich den Zusammenhang zwischen Hormonen und Nervensystem oft mit einem Bild: Oxytocin und Endorphine sind wie ein Liebespaar – sie kommen zusammen, sie gehen zusammen.

Nur wenn beide präsent sind, fühlt sich Geburt kraftvoll UND gut an.

Sobald mit künstlichem Oxytocin eingegriffen wird, aber die Endorphine fehlen, wird die Geburt schmerzhaft und überfordernd.


Auch in meiner eigenen Geburtserfahrung habe ich das gespürt: Schon während der Latenzphase hörten meine Wehen auf, als ich mich ins Krankenhaus begab.

Ich fühlte mich dort einfach nicht sicher. Auch später – als es dann wirklich losging – war mein Körper zu gestresst, um sich zu öffnen.


Was mir gefehlt hat, war eine einfühlsame Begleitung. Jemand, der mich kannte, mich an der Hand nimmt, mit mir atmet oder mich einfach hält.


In meinen Coachings ist deshalb die Wiederverbindung mit dem Körper zentral. Viele Frauen haben diese Verbindung verloren – und damit auch das Vertrauen in ihre eigene Wahrnehmung. Ich arbeite an ihrem Körpergefühl, an ihrem Selbstwert, an ihrer inneren Stimme. Damit sie wieder spüren: Was brauche ich gerade wirklich?


Dazu nutze ich intuitive Hypnosen, Meditationen, Körperübungen, Atemarbeit, Affirmationen – je nachdem, was sich im Moment zeigt.


Und für Frauen, die sich nach einem Geburtsstillstand schuldig fühlen oder denken, ihr Körper sei „kaputt“, ist mein erster Schritt: Verständnis. 


Es gibt klare medizinische und hormonelle Erklärungen für das, was passiert ist. Aber die tieferliegenden Ängste und Glaubenssätze – die lösen wir im Unterbewusstsein. Schritt für Schritt.


Denn wenn eine Frau sich wirklich sicher fühlt, kann Geburt wieder das werden, was sie eigentlich ist: eine zutiefst weibliche, kraftvolle Erfahrung.

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