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„Ich wusste nicht, dass ich etwas wissen müsste“ – Meine erste Geburt und was sie mit mir gemacht hat

Meine erste Geburt endete im Kaiserschnitt

nach dem Kaiserschnitt

Ich war schwanger. Und ich war ganz normal.

Also rief ich sofort nach dem positiven Test meine Frauenärztin an. Ich bekam Termine, Ultraschallbilder, Blutwerte. Ich machte alles mit, so wie es eben „normal“ war – 14 Ultraschalluntersuchungen, die übliche Vorsorge, ein klassischer Geburtsvorbereitungskurs im Krankenhaus. Ich war gesund, jung, voller Vorfreude – und im Vertrauen: „Das wird schon gut gehen.“

Ich hatte keine Angst vor der Geburt.

Aber ich wusste auch nichts über Geburt. Nicht wirklich.

Ich kannte keine Alternativen, keine anderen Wege, keine Bedeutung von mentaler Vorbereitung oder Selbstverantwortung. Ich hatte keine Ahnung, dass Geburt etwas ist, worauf ich mich tief in mir vorbereiten sollte.


Und als sie dann kam, die Geburt – war ich vollkommen überfordert.


Die Geburt – und der Moment, in dem ich ausstieg

Es begann mit Wehen, aber das Krankenhaus schickte mich nach Hause: „Das sind keine Wehen.“

Und damit begann mein innerlicher Rückzug. Ich glaubte ihnen. Ich zweifelte an meinem Körper. Ich fühlte mich falsch.Was folgte, war ein Hin und Her, Schmerzen, Latenzwehen – und schließlich eine stationäre Aufnahme mit Wehenhemmern, damit ich schlafen konnte.


Doch der Schlaf wurde teuer bezahlt: 24 Stunden später kam der Wehensturm.

Ich hatte keine Chance. Ich konnte ihn nicht mehr kontrollieren, nicht verarbeiten, nicht mit meinem Körper arbeiten. Ich war nur noch im Überleben.

Ich bekam eine PDA. Mein Traum von der Wassergeburt platzte.

Von da an war ich in der Horizontalen – und blieb dort.


Körperlich und emotional.


Ich habe die Verantwortung abgegeben – wie so viele

Das Team war freundlich, professionell, bemüht. Sie waren nicht „schuld“. Aber sie waren die Experten – und ich war die, die keine Ahnung hatte. Also sagte ich zu allem Ja.


Ich hatte keine Sprache, keine Fragen, keine eigenen Impulse. Ich wusste einfach nicht, was ich hätte anders machen können. Ich glaubte, das sei alles richtig so.


Dass meine Tochter dann feststeckte, sich in eine ungünstige Sternenguckerposition drehte, dass es nicht vorwärtsging, das nahm ich als Schicksal. Als „das passiert halt“.


Die Herztöne wurden schlecht. Und mir wurde gesagt: „Ein Kaiserschnitt ist der einzige Weg.“


Ich habe genickt.


Der Kaiserschnitt – und der Moment, der mich trotzdem heilte

Ich hatte keine Angst. Nur Erschöpfung.

Und dann – dieser Schrei.

Der erste Schrei meines Kindes.

Ich werde ihn nie vergessen.


Ich sah sie nicht sofort. Aber ich hörte sie.

Der Vater begleitete sie zum Kinderarzt. Dann kam sie zu mir. Und ab da… war alles gut.

Ich hielt sie. Sie war erschöpft. Ich war erschöpft. Wir schliefen.


Und am Morgen begannen wir unser Leben. Wir hatten keine Bondingprobleme. Keine Stillprobleme. Keine Abweisung. Mein Baby hat mir gezeigt, was es braucht – und ich habe intuitiv geantwortet. Ich wurde zur Tragemama, zur Langzeitstillmama – nicht weil ich das geplant hätte, sondern weil mein Kind es mir gezeigt hat. Und ich ihr vertraut habe.

der erste gemeinsame Morgen


Ich habe damals nichts vermisst – aber ich wusste auch nicht, was möglich gewesen wäre

Die Geburt wurde nie mit mir besprochen. Kein Gespräch, keine Aufarbeitung. Aber ich hatte auch kein Bedürfnis. Ich fühlte mich gut umsorgt, auf der Station sogar verwöhnt. Ich war zufrieden – äußerlich.

Doch innerlich begann irgendwann ein leiser Zweifel zu flüstern:

„War das wirklich alles? War das wirklich unvermeidbar?“

Und dann – kam die nächste Schwangerschaft.


Und mit ihr: Fragen. Viele Fragen.


Heute weiß ich: Ich hatte mich selbst verlassen. Und fand mich wieder.

Diese erste Geburt war der Beginn meines Weges.


Ich verstand irgendwann: Ich habe mich selbst nicht vorbereitet. Ich habe mir selbst nicht zugehört. Ich habe mich selbst nicht vertreten. Ich habe die Verantwortung abgegeben – wie so viele Frauen es tun.

Ich bin nicht „schuld“ – aber ich war auch nicht in meiner Kraft. Und das darf ich heute anerkennen. Es war, wie es war – und es hat mich verändert.


Heute begleite ich Frauen, die ähnliche Wege gegangen sind. Ich sehe ihre Tränen, ihre Wut, ihre Ohnmacht.

Und ich weiß: Es gibt einen Weg hinaus.


Einen Weg zurück ins Vertrauen.

Zurück in den eigenen Körper.

Zurück in die Gebärkraft.


Du bist nicht allein.


Alles Liebe, Anna Salomé




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