Wie lange dauert die Heilung nach einem Kaiserschnitt – und warum das nur die halbe Frage ist
- Anna Witzler
- vor 4 Tagen
- 2 Min. Lesezeit
Ich erinnere mich noch gut an eine Klientin, die ihre Kaiserschnittnarbe 18 Monate nach der Geburt nicht einmal ansehen konnte.
Niemand durfte ihren Bauch berühren – es fühlte sich einfach „falsch“ an. Nicht, weil etwas körperlich nicht heil war.
Sondern weil ihre innere Wunde noch weit offen lag.
🔍 Der medizinische Blick: Wie lange dauert die körperliche Heilung?

Ein Kaiserschnitt ist eine große Bauchoperation, bei der mehrere Gewebeschichten durchtrennt werden: Haut, Fettgewebe, Faszien, Muskulatur, Gebärmutter. Rein körperlich unterscheidet er sich nicht wesentlich von anderen größeren OPs – und doch wird erwartet, dass Frauen nach wenigen Tagen nach Hause gehen, sich ums Neugeborene kümmern und den Haushalt schmeißen.
Nicht alle haben das Privileg, dass ein Partner Urlaub nehmen kann.
Hilfe von außen? Kaum.
Verständnis? Oft Fehlanzeige.
Viele Frauen erleben in den ersten Wochen das Gefühl, zu versagen –weil sie nicht so für ihr Baby da sein können, wie sie es sich wünschen. Dabei ist ihr Körper gerade dabei, eine komplexe Heilung zu durchlaufen.
Hier ein realistischer Überblick:
Zeitraum | Heilungsschritte |
0–6 Wochen | Wundheilung der äußeren und inneren Narbe, Wochenfluss, hormonelle Umstellung. Körperliche Schonung empfohlen. |
6–12 Wochen | Alltagsbelastung steigt, viele Frauen spüren weiterhin Ziehen, Taubheit oder Jucken im Narbenbereich. |
3–6 Monate | Langsam spürbar mehr Stabilität – aber auch neue Symptome: Verklebungen, Narbenzug, hormonelle Dysbalancen. |
6–12 Monate | Gewebetiefe heilt, aber körperliche Empfindsamkeit & emotionale Verbindung bleiben oft gestört. |
>12 Monate | Für viele Frauen beginnt jetzt erst die eigentliche Aufarbeitung – körperlich UND emotional. |
Quellen:
NHS (UK): Postnatal Recovery after Caesarean
Cochrane Review 2020: Scar treatment outcomes after C-sections
Erfahrungsberichte aus meiner Arbeit als Geburtsmentorin
Was heilt am langsamsten? Die Seele.
Was viele unterschätzen: Die emotionale Wunde eines Kaiserschnitts heilt oft viel langsamer als die körperliche.
Ich arbeite mit Frauen, die nach Monaten – manchmal Jahren – immer noch kämpfen mit:
Schuldgefühlen („Ich habe versagt“)
Scham („Ich konnte nicht natürlich gebären“)
Dissoziation („Ich spüre meinen Bauch nicht mehr“)
Beziehungsthemen, die sich nach der Geburt verstärken
Und all das ist nicht ungewöhnlich. Es ist ein Ruf nach echter, tiefer Heilung.
Der Schlüssel zur Heilung ist Verbindung – nicht Zeit
Vor wenigen Wochen durfte ich eine Gebärmuttermassage durchführen bei einer 55 jährigen Frau. Die Narbe sieht man kaum, ich wusste nicht, dass sie ein Kaiserschnitt hatte.
Aber ich fühlte es.
Das Gewebe darunter ist hart.
Verspannt.
Weigert sich, in Verbindung zu gehen. Das haben wir beide gespürt.
Auch nach 15 Jahren ist dies nicht "von alleine" geheilt.
Die Narbe heilt nicht, wenn du sie ignorierst. Sie heilt, wenn du ihr zuhörst.
Heilung geschieht, wenn wir wieder in Beziehung mit unserem Körper treten. Wenn wir ihm Raum geben, berührt zu werden – nicht nur äußerlich, sondern mit dem Herzen.
Ich zeige meinen Frauen im Coaching unter anderem:
tägliche Atemübungen & Selbstberührung
Auflösung von Scham, Schuld & Selbsthärte
liebevolle Rückverbindung zum Bauchraum & zur Gebärmutter
tiefe Arbeit mit inneren Anteilen (z. B. dem verlassenen inneren Kind)
und ganz oft: Transformation weit über das Thema Geburt hinaus
Denn:
Der Kaiserschnitt war selten das eigentliche Problem. Er ist oft nur der sichtbare Endpunkt einer langen Kette aus alten Mustern, überholten Glaubenssätzen und tiefem Selbstwertmangel.
Wie das „nicht gut genug“ sein zu einem Kaiserschnitt führen kann – darüber schreibe ich in meinem nächsten Beitrag. Bleib dabei!
Alles Liebe Anna Salomé
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